Montag, 21. Dezember 2020

O Tannenbaum

Daß sich der Katholik als findig erweisen kann, wenn es darauf ankommt, zeigt sich z. B. in einem bekannten Wallfahrtsort am Niederrhein: Um nicht auf den wichtigen Übergangsritus zwischen profanum und fanum verzichten zu müssen, hat man dort an den Eingängen batteriebetriebene Desinfektionsmittelspender aufgestellt (mit feierlich schwarzmattem Gehäuse). Das Ganze ist fein mit "Aqua benedicta/Weihwasser" beschriftet. Gute Idee!
Hand drunter
Britzbritz ...
Und schon erklingt in mir Sir Hubert Parrys "I was glad!" ...

In München machen die Jesuiten an St. Michael Überstunden, damit die Beichtwilligen vor Weihnachten ihren Sündensack noch ausschütten können. So geht katholisch!

Aber auch in Rom ist man auf eine gute Idee gekommen: Jeder Priester darf 4 (in Worten: vier) Messen zu Weihnachten lesen. Dank an Papst Franziskus und die Ritenkongregation!

Weihnachten in der gesamten Oktav in aller Feierlichkeit begehen. Eine Idee, um vielen Gläubigen die Möglichkeit des Messbesuches zu geben.

Und die ungenannten Bistümer in Michelland?
Semper idem!

Der eine Teil arbeitet offensichtlich weiterhin an der vorzeitigen Erreichung der Pastoralpläne und an der Übererfüllung des Plansolls bei der Reduzierung der Kirchenbesucherzahlen und Sakramentenempfänger sowie geeigneter Tischvorlagen zur Beschleunigung des sog. synodalen Weges.
Ein anderer Teil weiß "virtus" und "virtuell" nicht mehr zu unterscheiden und verwechselt "Klickzahlen" mit Kommunionempfang. Man gefällt sich stattdessen in der Rolle des innovativen "Juh-tjubers" und übersieht dabei geflissentlich, daß ein nicht geringer Teil des "Stammpublikums" aufgrund mangelnder Kenntnisse und fehlender technischer Vorrichtungen im "Tal der Ahnungslosen" verweilen muß. Aber vielleicht will man das ja auch so ...

Oder man geht mit dem evangelischen "Kollegen" am Fest in die Kneipe! Ist mal was anderes. Daß das appelsaftschorlige Unternehmen nicht besonders sensibel ist, wenn man alleine an die vielen behördlich in den Ruin getriebenen Gastronomen denkt, oder an die vielen Leute, denen seit x die Decke auf den Kopf fällt, denen ihr "Zweites Wohnzimmer" allein schon aufgrund der Wohnverhältnisse fehlt ...
Wie fühlt man sich wohl, wenn nennen wir es mal ganz neutral "zwei ohnehin schon privilegierte Persönlichkeiten, die in den letzten Monaten nicht gerade durch ausgeprägte Kundenorientierung aufgefallen sind" sich in eine Kneipe setzen und einen schlörken, nen fröhliches Filmchen daraus machen während unsereins strafbewehrt und zwangsverpflichtet an der Sofafront (copyright by Bundesregierung) zu kämpfen hat?
Ich nenne es jetzt einmal "verhöhnt und verspottet", um nicht gar zu volkstümlich zu werden. Wie kommt man als Bischof eigentlich auf solche Ideen? Welche durchgeknallte Werbeagentur hat den da wieder einen rausgehauen? Kerrnoma! Dat gibbet doch wohlganich!
Der "Empathiepreis 2020" geht in diesem Jahr sicherlich nicht nach Hildesheim!


Doch halt, es gibt auch einen anderen Teil ...
 ... ein kleiner Teil, nämlich jene, die Weihnachten nicht nur für "systemrelevant" halten, sondern um die Heilsnotwendigkeit des Festes wissen, machen um des Himmelreiches Willen weiter.

Wer den Pfarrbrief (so wie ich) nach Anlesen des "Editorials" (ungelesen) in die Tonne geworfen hat, mal was gut katholisches lesen möchte, wer z. B. mal wissen möchte, was das da eigentlich für Hirten "auf freiem Felde" waren, der greife zum Rundbrief des Institutes St. Philipp Neri, Berlin, der unter der Nummer 2020/3 erschienen ist und verbinden Sie das vielleicht auch mit einer finanziellen Unterstützung der wertvollen Arbeit des Institutes.

http://www.institut-philipp-neri.de/index_001.php

Wir werden es in diesem Jahr tun!

Jetzt hätte ich fast vergessen, was eigentlich schreiben wollte, die Geschichte mit dem Lied "O Tannenbaum". Das ist ja vielleicht ein Ding!
Wußten Sie, das "O Tannenbaum" eigentlich gar kein Weihnachtslied ist?
Es ist das Lied eines Sitzengelassenen. Es ist ein Lied über enttäuschte Liebe, also eigentlich.
Das kann man sogar noch in der ersten Strophe erkennen, bei den etwas merkwürdigen "treuen Blättern", die auch zur Winterszeit grünen.

"O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie treu sind deine Blätter!
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit,
nein, auch im Winter, wenn es schneit.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie treu sind deine Blätter!

O Mägdelein, o Mägdelein,
Wie falsch ist dein Gemüte!
Du schwurst mir Treu in meinem Glück,
Nun arm ich bin, gehst du zurück.
O Mägdelein, o Mägdelein,
Wie falsch ist dein Gemüte!

Die Nachtigall, die Nachtigall
Nahmst du dir zum Exempel.
Sie bleibt so lang der Sommer lacht,
Im Herbst sie sich von dannen macht.
Die Nachtigall, die Nachtigall,
Nahmst du dir zum Exempel.

Der Bach im Thal, der Bach im Thal
Ist deiner Falschheit Spiegel.
Er strömt allein, wenn Regen fließt,
Bei Dürr er bald den Quell verschließt.
Der Bach im Thal, der Bach im Thal
Ist deiner Falschheit Spiegel."


So die Fassung von 1819, die auf ältere Vorlagen zurückgeht und so im Kommersbuch zu finden ist.
Von wegen besinnliche Stimmung! Da hat aber "einer den Kaffee auf", wie man bei uns so schön sagt. Erst ein paar Jahre später erschien es mit "weihnachtlichem Texte" in einem Schulliederbuch. 


Es grüßt Sie herzlich

L. R. 

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