Zwischen den ganzen "Influenza" (Monika Gruber)- Videos und sonstigen Unnötigkeiten findet sich eine Perle aus dem Archiv des ZDF: Eine Reportage plus Pfingstgottesdienst aus dem Jahre 1973. Gemacht hat den Film Werner Kaltefleiter, gefilmt wurde in der notorischen Pfarrei St. Ludwig in Ibbenbüren. Die Kirche ist frisch ausgeräumt und weiß gefliest, die japanische Flagge in der Apsis ist frisch gemalt, die liturgischen Tänzerinnen noch in der Blüte ihrer Jahre, in den intellektuell hochmögenden Gesprächskreisen wird noch gequalmt und gesoffen. Alles hat noch den Duft des Aufbruchs, der Fortschritts, der allgemeinen Wichtigkeit.
Es gäbe viel zu schreiben, was der Film alles an Erinnerungen an die eigene Kindheit auslöst, dieses Lebensgefühl in den 1970ern. Vielleicht dazu an anderer Stelle demnächst etwas mehr. Was aber den Film besonders auszeichnet ist die strenge Freudlosigkeit, die Humorlosigkeit, die sich zuvörderst aus der allgemeinen Wichtigkeit des Gemeindekaders speist. Das Spannungsverhältnis von Fanum und Profanum, dem Unterscheiden von heiligen Handlungen und Alltag, dem Verbinden Fest und äußeren Festlichkeiten, Walfahrt "met plaisir", Hochamt und Kirmeswiese ist aufgegeben. Alles wird wichtig, ernst, grau in grau, wie der Kittel des Pfarrers im Gottesdienst. Kaum einer traut sich, mal ein freies, fröhliches Gesicht zu zeigen. Alles ist gewichtig, ernst, (un)tief bzw. pseudotief. Alle wollen mit von der Partie sein, keiner will als altmoderner Provinzdödel gelten. Es ist wie die Parole "alles ist politisch" der Linken in kirchlicher Ausprägung, Zeitgeist (viel aus der Zeit, wenig Geist), und kommt genauso spießig daher wie der ostdeutsche Sozialismus! Der Pfarrer als Revolutionsführer im Kollektiv der Kirchentätigen. Es ist alles, nur nicht katholisch!
Wer die Nerven für eine Zeitreise hat,
https://youtu.be/n18gVKCIwT4
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