Momentan sendet der br (Bayerischer Rundfunk) die Serie "Fast wia im
richtigen Leben", die zu Beginn der 1980er Jahre produziert wurde. Mei, der Polt und die Schneeberger!
E ist eine kleine Zeitreise in Sachen Humor und Lebensgefühl. Erinnerungen
an Kindheit und Jugend kommen zurück aber auch ein gewisses "Fremdeln"
mit der eigenen Vergangenheit stellt sich ein. Was man früher so alles ausgehalten hat ... Lassen wir das einmal
beiseite!
Gerhard Polt überzeichnet in den kleinen Spielszenen
Charaktere bzw. Charakterlosigkeiten, die sich in sich in
"Alltagssituationen" zeigen: Der im Wirtshaus saufende
Berufskraftfahrer, das Ehepaar, das noch schnell den Vater unter die
Erde bringen will, aber schon gedanklich im Urlaubsflieger sitzt, das
frustrierte Prinzenpaar im Fasching oder das Handwerkerpaar, das für den
Sohn einen Adelstitel kaufen will, damit die Firma einen klingenden
Namen auf den Lieferwagen malen lassen kann. Nervende bis peinliche
Gestalten, die einen zur Suche nach der Fernbedienung drängen, weil man
es einfach nicht mehr aushält. Es ist fast wie im richtigen Leben, aber
nur fast.
Fast wie im richtigen Leben ist auch das, was wir momentan
erleben. An die Stelle leibhaftiger Begegnungen tritt der Datenaustausch
per Funk und Kabel. Daten, die als Punkte auf dem Bildschirm und
elektronisch erzeugte Schallsignale die Gegenwart eines Gegenübers
vorgaukeln. Es ist Datenaustausch, der dazu taugt, Daten auszutauschen,
mehr aber auch nicht. Das hat durchaus gute Seiten. So manche Besprechung, die in den letzten
Wochen gelaufen ist, war erstaunlich schnell zu Ende. Es wurde nicht
durcheinandergequatscht, kein Smalltalk am Rande. Alles lief zügig,
diszipliniert, auf die wesentlichen Punkte konzentriert. Doch was sich
hier als Vorteil darstellt, beruht letztlich auf einem riesigen Manko.
Die isolierte Situation, die nur durch die Übermittlung von Bewegung und
Geräusch durchbrochen wird, verhindert die Wahrnehmung all dessen, was
gute Kommunikation von Datenweitergabe unterscheidet. Körpersprache, das
am Rande gesprochene Wort, der kleine versteckte Hinweis an x oder y, der kurze Dienstweg und das zwischen Tür und Angel gelöste Problemchen. Es gibt keine spürbare Atmosphäre, auf die man reagieren kann. Außerdem
verhält man sich vor einer Kamera anders. Man muß anders
agieren, gerade deswegen, weil wichtige Faktoren einer Begegnung fehlen.
Ich kann nicht ich sein. Ich muß ein
Bild von mir produzieren. Der Weg zur Karikatur
seiner selbst zu werden, ist kurz.
So hält man einen Laden
irgendwie am Laufen, aber so kann man keine Verträge aushandeln und
schließen. Es fehlt die Begegnung, die Vertrauen schafft. Jeder
Zollbeamte und jeder Geschäftsmann kann das nachvollziehen. Es ist halt
nur fast wie im richtigen Leben.
In den Wochen seit
Beginn der "sozialen Distanzierung" haben sich Bistümer und Gemeinden
mehr oder weniger Gedanken gemacht. Das Gros setzte in den letzten Wochen auf selbstgebraute Surrogate in Form von "Livestream" oder "Spielfilmangebot".
Nach Betrachtung div. Angebote haben sich mir folgende Eindrücke aufgedrängt:
1. Die Aufzeichnung oder Sendung eines Gemeindegottesdienstes ohne Gemeinde verströmt eine so noch nicht erlebte Trostlosigkeit.
2. Die Anwesenheit von "Zivilisten" in unvorteilhafter Kleidung ist störend, ablenkend, im schlimmsten Falle lächerlich und verstärkt die unter 1. beschriebene Trostlosigkeit.
3. Der durch die Kamera gegebene Zwang, agieren und ein Bild von sich selbst produzieren zu müssen - ich weiß die Leute sind keine Medienprofis - führt zu mancher Überzeichnung.
4. Hier fange ich an zu stammeln, weil mir einfach die Wort fehlen: Es stimmt etwas nicht, es ist nicht stimmig, da läuft etwas grundsätzlich falsch. Das geht so nicht. Muß ich nicht haben. Da kommt auch keine Sehnsucht auf. Da kann ich gut drauf verzichten!!!
5. Fragen:
Warum stellt man x und y unorganisch als Platzhalter irgendwo ins Bild, anstatt die Gemeinde insgesamt zum Mitbeten zu befähigen?
Warum greift man nicht zu bewährten Methoden?
Warum denkt keiner an die vielen Alten, die keinen Rechner haben oder damit nicht umgehen können?
Ein Erweiterungsvorschlag zum Thema "Läuteordnung":
Das wöchentliche Pfarrblatt an alle Haushalte!
Titel:
Die Glocken rufen uns zum Gebet!
oder Warum wir läuten ...
Miteinander betend durch die Woche, Krise oder
Miteinander - füreinander vor Gott
oder sonstwas
(Ich weiß! War sowieso wieder alles zu fromm) ;-)
Inhalt:
Kalender mit allen Festen der Woche,
mit kurzen Heiligenviten mit Brauchtum
und Anekdötchen und Gebeten zum Tage
Bibellesung
Vorschlägen zum täglichen Rosenkranz
(Vielleicht auch etwas neben der Spur:
Der Rosenkranz als Wellness für die Seele)
Messtexte zum Sonntag mit Kurzbetrachtung
Erklärung der Läuteordnung und Anleitung
zum Mitbeten
inkl. Einladung zu Angelus (Regina coeli)
Kurznachrichten aus der Gemeinde
Verkündung der Messintentionen
Gebetsanliegen
Verteilung durch die Jugend (Messdiener, Pfadis, KJG, die ja sowieso mehr als genug Zeit haben und eine Aufgabe brauchen, damit sie nicht von der Fahne gehen) und die sitzungszwangsbefreiten pastoralen Mitarbeiter
Jede Woche an alle katholischen Haushalte in die Briefkästen!
Das wäre ganz wie im richtigen Leben!
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