Samstag, 13. August 2022

Ein wichtiges Zeitdokument

Zwischen den ganzen "Influenza" (Monika Gruber)- Videos und sonstigen Unnötigkeiten findet sich eine Perle aus dem Archiv des ZDF: Eine Reportage plus Pfingstgottesdienst aus dem Jahre 1973. Gemacht hat den Film Werner Kaltefleiter, gefilmt wurde in der notorischen Pfarrei St. Ludwig in Ibbenbüren. Die Kirche ist frisch ausgeräumt und weiß gefliest, die japanische Flagge in der Apsis ist frisch gemalt, die liturgischen Tänzerinnen noch in der Blüte ihrer Jahre, in den intellektuell hochmögenden Gesprächskreisen wird noch gequalmt und gesoffen. Alles hat noch den Duft des Aufbruchs, der Fortschritts, der allgemeinen Wichtigkeit.
Es gäbe viel zu schreiben, was der Film alles an Erinnerungen an die eigene Kindheit auslöst, dieses Lebensgefühl in den 1970ern. Vielleicht dazu an anderer Stelle demnächst etwas mehr. Was aber den Film besonders auszeichnet ist die strenge Freudlosigkeit, die Humorlosigkeit, die sich zuvörderst aus der allgemeinen Wichtigkeit des Gemeindekaders speist. Das Spannungsverhältnis von Fanum und Profanum, dem Unterscheiden von heiligen Handlungen und Alltag, dem Verbinden Fest und äußeren Festlichkeiten, Walfahrt "met plaisir", Hochamt und Kirmeswiese ist aufgegeben. Alles wird wichtig, ernst, grau in grau, wie der Kittel des Pfarrers im Gottesdienst. Kaum einer traut sich, mal ein freies, fröhliches Gesicht zu zeigen. Alles ist gewichtig, ernst, (un)tief bzw. pseudotief. Alle wollen  mit von der Partie sein, keiner will als altmoderner Provinzdödel gelten. Es ist wie die Parole "alles ist politisch" der Linken in kirchlicher Ausprägung, Zeitgeist (viel aus der Zeit, wenig Geist), und kommt genauso spießig daher wie der ostdeutsche Sozialismus! Der Pfarrer als Revolutionsführer im Kollektiv der Kirchentätigen. Es ist alles, nur nicht katholisch!

Wer die Nerven für eine Zeitreise hat,

https://youtu.be/n18gVKCIwT4

Samstag, 22. Januar 2022

Wohltuend unzeitgemäß

Heute verweise ich ausnahmsweise auf einen Videokanal mit sehr fragwürdiger Löschpraxis. Dort findet sich der Kanal eines jungen französischen Komponisten, Musikologen und Organisten, Simon Lecaulle. Chormusik in bester katholischer Tradition, Cembalo- und Orgelkompositionen in barocker Formensprache. Leider ist fast alles nur in einer "synthetischen Vorversion" zu hören, leider, denn der erste Eindruck ist m. E. vielversprechend. Mir gefällt's und seine Motetten ... ein Traum, der hoffentlich bald realisiert werden kann. Auf "Fatzebook" kündigt er die Vollendung eines Requiems an. 

https://www.youtube.com/c/SimonLecaulleComposer/videos

Samstag, 8. Januar 2022

Muckefuck von vorgestern, aufgewärmt

 

Meine Großväter – Gott habe sie selig – hatten beide auf ihre Art eine schwierige Kindheit. Der eine litt unter seinem offensichtlich durch „14-18“ seelisch geschädigten Vater, der andere unter der zeitgemäßen Erziehung zu Sparsamkeit und Achtsamkeit gegenüber Nahrungsmitteln. Er mußte nicht nur Essen, was auf den Tisch kam, er bekam auch das, was er nicht mochte, solange aufgetischt, bis es aufgegessen war. Nach allem, was ich von meinem Großvater weiß, war er schon in jungen Jahren ein freier Geist, musikalisch begabt, tiefsinnig und dementsprechend humorvoll, tiefgläubig und dabei kritisch gegenüber solchen, die sich als Autoritäten vorstellten mochten. Ein Schuhmacher, der seinen Schiller und Uhland genauso konnte und kannte wie Karl Kraus, Reutter oder Valentin. Je älter ich werde, desto mehr bedaure ich, ihn nicht kennengelernt zu haben, da er kurz nach meiner Geburt an den Spuren, die der WK II an Körper und Seele hinterlassen hatten weit vor seiner Zeit starb. „Glaube wenig, zweifle viel, denke selbst!“ war seine Maxime, die er an seine Tochter, meine Mutter und damit auch an mich weitergegeben hat.
Das gleiche Erziehungsmodell wie meine Urgroßmutter (ansonsten eine herzensgute Frau) scheinen gewisse Qualitätsmedien momentan wieder mit ihren Konsumenten in Bezug auf Benedikt XVI. anzuwenden. Immer wieder wird der gleiche alte, fragwürdige Kaffee aufgewärmt und in immer anderen Tassen neu auf den Tisch gestellt, bis er geschluckt wird. Es ist schon verwunderlich, für wie dumm ein vormaliges hanseatisches Intelligenzblatt („Hamburg ist ja DIE deutsche Pressestadt, ich weiß nicht, ob sie das wissen?“ Schtonk) seine Leser halten muß, wenn ein solcher Muckefuck aufgetischt wird und man diesen müden Aufguß als „lecker Tässchen Kaffee“ verkauft. Man rechnet immer noch mit der Recherchefaulheit der Leser, obwohl man mit zwei oder drei Suchbegriffen die „Enthüllung“ als aufgewärmte Poteé à la Relotius enttarnen kann. Es wird wieder versucht, mit längst als widerlegt erwiesenen Geschichten das Ansehen des Papa emeritus zu beschädigen. Es mag die Gutgläubigen geben und die, die sowas nur zu gerne glauben wollen. (In der Regel ziehe ich aus solchen Texten mehr Schlüsse aber der Schreiber als über den Beschriebenen.)
Jedoch habe ich in letzter Zeit das Gefühl, solche „Unappetitlichkeiten“ schmecken immer mehr Menschen immer weniger und stoßen ihnen immer saurer auf. Es wird weniger geglaubt, mehr gezweifelt und wieder mehr selbst gedacht.
Auf Abraham Lincoln soll der Satz zurückgehen, der wie so manche grundlegende Erkenntnis der Geschichte leider in Vergessenheit geraten zu sein scheint:

Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen
und das ganze Volk einen Teil der Zeit.
Aber man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit täuschen.

Mit Joh 8, 32:
Die Wahrheit wird euch frei machen.
(Aber es empfiehlt sich, das ganze Kapitel 8 zur Kenntnis zu nehmen.)

Eine (etwas überfällige) Götzendämmerung kündigt sich an.

https://beiboot-petri.blogspot.com/2022/01/anti-ratzinger-schmutzkampagne-cui-bono.html

P.S.:
Apropos „leider vergessene Erkenntnisse“:
Zum angeblich weltweiten Monothema nur ein Satz von Gilbert Keith Chesterton, Apostel des gesunden Menschenverstandes:

The trouble with always trying to preserve the health of the body is,
that it is so difficult to do without destroying the health of the mind.